PRESSEINFO

Zur Gründungsversammlung „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte e.V.“
Donnerstag, 21. März, 19.30 Uhr Bürgerraum des Sportzentrums Spabrücken

 

Herausgehobene Bedeutung des Hochofens: „Denkmal allerersten Ranges“

Der seit 1986 unter Denkmalschutz stehende Hochofen der Gräfenbacher Hütte ist ein für die regionale wie überregionale Industriegeschichte wichtiges technisches Kulturdenkmal und in einem weiten Umfeld in ganz Südwestdeutschland das einzige Zeugnis seiner Art. Trotzdem ist er in Forschung und Öffentlichkeit bisher wenig bekannt und dazu durch seine exponierte Lage durch Wind und Wetter im Bestand stark gefährdet. Das gesamte Gelände mit den ehemaligen Wohn- und Nutzgebäuden ist als „Denkmalzone Gräfenbacher Hütte“ ausgewiesen und gehört verschiedenen Privatbesitzern.

Prof. Dr. Rainer Slotta, bis 2012 Direktor des Deutschen Bergbaumuseums Bochum, vermerkte bereits 1979 in einem Gutachten, dass der Hochofen ein „technisches Denkmal allerersten Ranges (sei), da Hochöfen jener Zeit in der Bundesrepublik fast an einer Hand abgezählt werden können“.

Die Gräfenbacher Hütte wurde 1712 gegründet und stellte 1873 den Betrieb wieder ein. Es wurde vornehmlich Gusseisen für Öfen, Gartengeräte, etc. produziert, und die Waren wurden von Rastatt bis fast zur holländischen Grenze geliefert. Der Hochofen stammt aus dem Jahr 1841.

 

Vereinsgründung von großem Bürgerinteresse begleitet

Seit langem sind Bestrebungen im Gange, den Hochofen mit den unmittelbar dazugehörigen technischen Anlagen für die Nachwelt zu erhalten. In den Blick der Öffentlichkeit gelangte das Bauwerk nicht zuletzt durch die “Initiative Soonwald e.V.“, die ihn z.B. als Station bei den beliebten Touren ihres „Soonwaldbusses“ anfährt.

Im August 2018 fand in Münchwald im Rahmen der Volkshochschule Soonwald eine Vortragsveranstaltung statt, bei der unter anderem Dr. Fritz Schellack vom Hunsrück-Museum Simmern über die wechselvolle Geschichte der Gräfenbacher Hütte referierte, die für die Soonwälder sowohl Fluch wie Segen darstellte. Die bis auf den letzten Platz besetzte Veranstaltung zeigte das enorme Interesse der Soonwälderinnen und Soonwälder an „ihrem“ Industriedenkmal.

Beflügelt durch dieses ermutigende Echo in der Bevölkerung hat sich eine kleine Gruppe Interessierter  zusammengetan, um diesen Schwung aufzunehmen. In Absprache mit den derzeitigen Besitzern, den Denkmalbehörden und Gemeinden soll nun ein Verein ins Leben gerufen werden. Die Gründung der „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte e.V.“ mit Sitz in Spabrücken wird es ermöglichen, Fördergelder und Spenden zu akquirieren, um das kultur- und technikgeschichtliche Denkmal für die Nachwelt zu erhalten. Ein weiteres Anliegen ist die Sammlung und Aufarbeitung von Erinnerungsstücken und Archivalien, die mit der Geschichte der Gräfenbacher Hütte in Verbindung stehen.

 

Was macht ein Hochofen eigentlich?

Im Hochofen wird Eisenerz in Eisenmetall umgewandelt – „reduziert“. Durch die obere Öffnung wird der Ofen kontinuierlich mit einem Gemisch aus Eisenerz und Holzkohle (später Koks oder Heizgase) und einem Zuschlag von Kalkstein befüllt. Gebläse treiben Luft von unten in den Schacht, um die Hitze anzufachen. Als Ergebnis fließt Roheisen aus dem Hochofen, sowie Schlacke, in der zusammen mit dem Kalk die unerwünschten Bestandteile der Eisenerze gebunden sind.

 

Standortfaktoren Gräfenbacher Hütte

Die Hütte wurde errichtet, nachdem Forstleute in unmittelbarer Nachbarschaft Eisenerze entdeckt hatten und mit einem Schmiedehammerbetreiber als Kompagnon um Genehmigung zur Errichtung einer Eisenhütte ersuchten. Diese wurde 1712 erteilt.

Hüttenbetriebe dieser Zeit benötigten zum Betrieb der Hochöfen enorme Mengen an Holz zur Erzeugung von Holzkohle und Wasser zum Betrieb von Pochwerken und wasserkraftbetriebenen Hammerwerken. All dies war im Hunsrück vorhanden. Nach diversen Streitigkeiten unter den ursprünglichen Kompagnons stieg 1741 die Familie Stumm als Miteigentümer ein, die auf dem gesamten Hunsrück bereits zahlreiche Hütten betrieben und das entsprechende Knowhow mitbrachten. Die Familie prägte später die saarländische Eisenindustrie.

Übrigens hat auch die Schinderhannes-Bande in der Hüttengeschichte ihre Spuren hinterlassen, als sie im Jahr 1800 den Hüttenverwalter Chelius mit einem Erpresserbrief um Geld und Branntwein erleichtern wollten- allerdings wohl vergeblich.

 

Fluch und Segen für den Soonwald

Der Hüttenbetrieb selbst bot zahlreiche Arbeitsplätze für spezialisierte Kräfte aus dem Eisenhüttenbereich. Aber auch Hilfskräfte wurden benötigt: Einfache Arbeiter zerkleinerten („pochen“) Erz und Kalk, unter Mithilfe von Wasserkraft, Fuhrleute transportierten Rohstoffe, Zwischenerzeugnisse wie Roheisen und Fertigprodukte; Holz musste eingeschlagen werden.

Die überaus unfallträchtigen Beschäftigungsformen führten jedoch zu zahlreichen - auch tödlichen - Unfällen, so dass sich die umliegenden Gemeinden beklagten, dass ihre Armen- und Witwenkassen durch den Hüttenbetrieb arg geplündert würden. Entsprechend Beschwerden wurden 1842 bei einer geplanten Erweiterung des Hüttenbetriebs den Behörden vorgetragen.

Auch war das Erz nicht von besonders guter Qualität. Sein Gehalt an Phosphor führte zur „Kaltbrüchigkeit“ der Eisenwaren. Der enorme Holzbedarf für die Holzkohleerzeugung führte zeitweise zur Holzknappheit bei anderen Gewerken in der Region und es kam mehrmals zu Überschwemmungen in den unteren Abschnitten des Gräfenbachtals, als Dämme der Wasservorratsteiche brachen.

 

Das Ende des Hüttenbetriebs

Nach einer in Vergleich zu anderen Hüttenstandorten im Hunsrück recht kurzen, aber wechselvollen Geschichte musste der Betrieb 1873 eingestellt werden. In der Eisenhüttenindustrie stieg man zu dieser Zeit überall von Holzkohle auf Koks um, die einen besseren Wirkungsgrad zeigte. Die Gräfenbacher Hütte war in Vergleich zu den großen Werken im Saarland und im Ruhrgebiet mit besserem Zugang zu Kohle und Koks nicht mehr konkurrenzfähig und litt besonders unter dem Niedergang der Schwerindustrie nach dem deutsch-französischen Krieg. Eine Zeit lang wurden die Gebäude als landwirtschaftliche Einrichtung weiterbetrieben.

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„Man sollte sich bewusst werden, dass uns in dieser Hochofenruine der Gräfenbacher Hütte ein außerordentlich wichtiges und kostbares technisches Denkmal erhalten geblieben ist.“ (R. Slotta, 1979, s.o.)

Dr. Susanne Greiff, Winterbach, 21.3.2019

Verein in Gründung „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte e.V.“

Quellen der Information: Div. Unterlagen Staatsarchiv Koblenz; Dissertation 2003 von Udo Fleck, Universität Trier; O. Guthmann „Geschichte der Eisenindustrie im Kreise Kreuznach“, unveröff. Manuskript 1930; Stefan Stein „Die Geschichte der Gräfenbache Hütte“, Bad Kreuznacher Heimatblätter, 9, 1997, S. 1-4, Fritz Schellack: Die Gräfenbacher Hütte - ein vergessenes technisches Denkmal im Soonwald? In: Hunsrücker Heimatblätter 137, 2008, S. 287-296